Gespräche mit Farbe und Pinsel
„Ich sehe mich als weiße Fläche, die Informationen aufnimmt“, sagt Yoly Maurer über sich. Immer schon hat sie sich intensiv mit ihrer Umwelt und mit den Menschen auseinandergesetzt.

Grundlage des künstlerischen Werks ist das von ihr entwickelte In Progress Prinzip. Alles ist im Fluss, alles kann sich jederzeit verändern. Vor allem dann, wenn die Künstlerin im Rahmen von organisierten Malaktionen, Menschen einlädt, um am Malprozess teilzuhaben. Im Atelier formuliert sie erste Ideen und manchmal assoziativ bringt sie dann eine erste Malschicht auf die Leinwand. Ihre ersten Gedanken zum Thema werden dann in einen gemeinsamen Malakt - einem Gespräch mit Farbe und Pinsel - zur Diskussion gestellt. Jeder kann sich malerisch einbringen, partizipieren!

Danach arbeitet Yoly im Atelier alleine weiter. Malen wird für sie so zu einem langen Prozess der Auseinandersetzung. Immer geht es ihr um die Situation, um den Ort und den Moment, an dem und in dem sich Menschen treffen.


Schöpfbilder

Mit ihrer Technik der Schöpfbilder setzt Yoly das In Progress Prinzip fort. Sie sam- melt Geschichten und deren Materialisierungen auf Papier. Aus diesen Papier- und Lumpensammlungen lässt sie etwas Neues entstehen. Oft verwendet Yoly bereits produzierte Schöpfbilder weiter.
So verarbeitete sie auch für das Werk des Hirtenteppichs alte Schöpfbilder wei- ter. Wie Flicken einer Patchworkdecke wurden sie aneinandergefügt. Der Titel verweist auf die Hirtenteppiche, die meist aus Schafsfell gefertigt sind. Die Teppi- che reisen mit den Hirten und den Schafen durch die Landschaft und nehmen im Laufe der Zeit Gräser, Erde, Blütenblätter und vieles mehr auf. Sie werden gleich- sam zu topologischen Informationsträger, so Yoly.

Das Werk Weinleben ist während eines Aufenthalts in Feuersbrunn entstan- den. In dem Weinanbaugebiet am Wagram hat Yoly intensiv gesammelt und aus Trester, Löß, Rebenstücke, Gewürzen, aber auch Etiketten und Listen neue Schöpfbilder produziert.

Zeitungen poetisch verändern

Zeitungen haben mit dem Leben um mich herum zu tun, sagt Yoly. Intensiv sammelt sie die Produkte der Informationsgesellschaft. Sie geht sowohl von den Inhalten, als auch von der Materialität aus und spielt damit. Gedrucktes und Bedrucktes werden zu einer neuen Masse, neu geschöpft und mit neuen Informationen ergänzt.

Den Beginn dieser Schöpfungsphase markieren die Papyrus – Bilder. Für diese von ihr bezeichneten Raum- und Zeitspeicher verwendete sie zunächst Zeitungen aus Kairo. In der Folge sammelte sie Zeitungen aus aller Welt.

Die Masse des Papiers und die Dichtheit der produzierten Information erfordert Platz und nun – in der gegenwärtigen Werksphase - stellt Yoly Türme in den Raum. Die Werkgruppe der Säulen bezeichnet Yoly als Statements zur Informations- und Mediengesellschaft. Die Skulptur des Information Towers besteht aus mehr als 1000 Schöpfbildern. Die Masse der Blätter steht für die Komplexität an Informationen. Das Gehäuse aus Plexiglas verweist auf das Motiv des Wolkenkratzers und damit auf die Macht der Medienkonzerne, die sich durch repräsentative Architektur in die Stadtbilder einschreiben.

Isabel Termini